Bürger: Wieso haben die Seeanlieger eine Bürgerinitiative gegründet?
Schildern Sie das doch bitte nochmal kurz.
Vorsitzende: Weil wir Seeanlieger der festen Überzeugung sind, das hier nichts Gutes im Schilde geführt wird.
Die Grundstücke, große wie ganz kleine, sind privates Eigentum und die Besitzer aus allen
Schichten der Bevölkerung. Die Berliner Seite des Sees ist bereits über die Hälfte der Öffentlichkeit
zugänglich. Nur drei Teilstücke sind besiedelt. Hier die Stege abzureißen, die Anlieger zu enteignen
und die Badestellen zu schließen, nur um einem zweiten Wanderweg zu weichen, ist eine
ungeheuerliche Forderung, die den Anliegern, dem See und seinem Uferbereich einen unglaublichen
Schaden zufügen würde und dem Bezirk Spandau, mit seinen leeren Kassen, eine immense
Kostenflut beschert. Für einen zweiten Wanderweg, den Keiner braucht.
Bürger: Was sagen Sie zu dem Vorwurf unrechtmäßig errichteter Stege?
Vorsitzende: Dieser Vorwurf ist haltlos und dient nur der „Stimmungsmache“ gegen uns. Die See-Stege wurden
bereits in den 1930er Jahren erbaut. Die Parzellierung des Seeufers mit sog. „Bade – und
Bootsparzellen“ gehörte zum damaligen Siedlungskonzept und sollte einen Anreiz bieten nach
Kladow zu ziehen. Die Seeparzellen konnten zusätzlich zum Baugrundstück erworben und
unabhängig davon auch wieder veräußert werden. Der erste private Steg wurde bereits im
Juli 1929 genehmigt. Mit der Anlage eines Bootssteges nutzte der Besitzer das
Seegrundstück genau in dem bei der Anlage der Siedlung intendierten Sinne.
Es kann also davon ausgegangen werden, dass es für alle Stege entsprechende
Genehmigungen gab. Die Stege sind sozusagen ein historischer Bestandteil und haben
mit allen Fassetten Ihrer Eigentümer die Geschichte Kladows geprägt. Ob die uns
vorliegenden Genehmigungen noch Gültigkeit haben, und davon gehen wir aus, muss jetzt
eben auf juristischem Weg geklärt werden.
Bürger: Welche Möglichkeiten sehen Sie, sich in diesem Streit mit dem Bezirksamt zu einigen?
Vorsitzende: Durch den Beschluss sind dem Bezirksamt jetzt auch die Hände gebunden und es muss
den Willen von SPD und GAL soweit es irgendwie möglich ist, Folge leisten. Dadurch
wurde leider die Möglichkeit genommen, für die bestehende Situation eine für alle Seiten
einvernehmliche Lösung zu finden. Ich denke das war auch nicht gewünscht und auch
nicht das Ziel. Aber wir kämpfen weiter, damit diesem Irrsinn Einhalt geboten wird.
Bürger: Wie kooperativ ist das Bezirksamt - gab es Kompromissvorschläge?
Vorsitzende: Nein, die Aussage war immer nur: die Stege müssen weg! Die Möglichkeit mit Hilfe der
Seeanlieger, also den Bürgern direkt vor Ort, etwas Positives für den See zu erreichen
wurde überhaupt nicht in Erwägung gezogen. Wir wurden immer nur als „Feind“ betrachtet.
Warum? Gerade die Parteien die sich angeblich für Bürgernähe und Transparenz so stark
machen, haben hier total versagt. Unsere Forderung nach einem naturverträglichen
Uferkonzept mit Unterstützung der Seeanlieger wurde nie aufgenommen. Unsere Bereitschaft
uns für den Schutz des Sees aktiv einzusetzen wird fortwährend ignoriert.
Das ist für mich unverständlich.
Bürger: Wie gehen Sie gegen das Ultimatum vor?
Vorsitzende: Die Kündigungen werden von uns natürlich mit allen juristischen Mitteln zurückgewiesen.
Es gibt rechtskräftige Pachtverträge, in die das Land Berlin mit Kauf des Sees wissentlich
eingestiegen ist. In diesen Pachtverträgen ist explizit eine einseitige Kündigung nicht
vorgesehen, sondern man verpflichtet sich nach Ablauf zum Neuabschluss des Vertrages,
da durch eine Kündigung von Seiten des Seebesitzers automatisch eine erhebliche Wert-
minderung der Grundstücke einher geht und die Nutzung stark eingeschränkt bzw. einem
reinem Seezugang die Bestimmung genommen wird. Gleichzeitig wird dem Seeeigentümer
somit uugesichert, dass solange die Stege in seinem See stehen, er Pacht – aktuell 125,-- €/Jahr-
dafür erhält und diese Pacht nicht immer wieder neu eingeklagt werden muss.
Eine faire und logische Regelung, die beide Seiten absichert.
Bürger: Seit wann wissen Sie, dass Sie die Stege abreißen sollen?
Vorsitzende: 2008 ging das Bezirksamt auf die Seegrundstückseigentümer zu und wollte den Abriss
der seit mehreren Jahrzehnten bestehenden Badestege am See durchsetzen.
Es folgten Gespräche am Runden Tisch, die leider zu keinem greifbaren Ergebnis
führten und eigentlich im Frühjahr 2011 fortgesetzt werden sollten. Stattdessen wurde –
ohne die Seeanlieger im Vorfeld darüber in Kenntnis zu setzen - auf Antrag der SPD
am 28.3.2012 der BVV-Beschluss (2824/XVIII Wanderweg Groß-Glienicker See)
von der in Spandau bestehenden Zählgemeinschaft SPD/GAL/Linken mit nur
einer Stimme Mehrheit durchgeboxt. Wie hier im Vorfeld die Parteien agiert haben und
wie sich vor allem die SPD durch Ignoranz und Bürgerferne hervorgetan hat,
können Sie hier im Detail nachlesen.
Bürger: Wem gehören (rechtlich) die Stege?
Vorsitzende: Die See-Stege gehören den Seeanliegern.
Bürger: Wie viele Stege bzw. Parzellen sind betroffen?
Vorsitzende: Es sind ca. 70 Grundstücke von der Enteignung betroffen. Und viele davon sind nur schmale
Seezugänge, für die schon der Abriss der Stege eine Totalentwertung zur Folge hätte.
Politischer Wille zu Lasten der Bürger. Das macht wirklich betroffen! Von der psychischen
Belastung und der bestehenden Restunsicherheit, der wir in diesem langjährigen Prozess
ausgeliefert sind, möchte ich gar nicht sprechen, das ist für Außenstehende einfach
unvorstellbar.
Bürger: Was werden Sie tun, wenn Sie mit Ihrem Protest nicht erfolgreich sind?
Vorsitzende: Das kann ich hier noch nicht sagen, der Weg dahin ist noch lang. Jedenfalls gebe ich
noch nicht auf daran zu glauben, dass sich eine für alle Seiten verträgliche Lösung
finden lässt und der gesunde Menschenverstand die Oberhand gewinnt und nicht
Neid und Mißgunst.